Tagebuch konnektiv: Wir alle haben auf speclog.xyz mehr oder weniger geschrieben und gezeigt. Specologisches ist in Fragmenten über die Zeit nach und nach gesammelt und einander hier und dort kommentierend. Der SpecLog ist ein Blog, ein digitales Logbuch. Ein Blog ist die begriffliche Kopplung von Website und Logbuch: weBLOGbuch. Der SpecLog wäre entsprechend eine etwas anders gekoppelte begriffliche (und reale) Verbindung von SpecSpace und Logbuch: SPECspaceLOGbuch, also das digitale Fahrtenbuch zum SpecSpace. Ein Fahrtenbuch kommt aus der Seefahrt und verzeichnet Fahrgeschwindigkeit, Kursrichtung und besondere Vorgänge. Das Fahrtenbuch ist das Tagebuch der Unterwegsseienden. Ein Tagebuch will eine Aufzeichnung von Gedanken und Ereignissen sein, die nicht vergessen werden wollen, die aber nicht systematisch geordnet oder inhaltlich durchgearbeitet sind, sondern chronologisch angesammelt. Der SpecLog ist eine Sammlung von Texten und Darstellungen, die anlassbezogen Eintragungen addiert. Er ist dabei kein individuelles Tagebuch und kein bezeugendes Logbuch. Der SpecLog zeigt einen Schreibprozess und Darstellungsmodus, an dem alle im SpecSpace (mehr oder weniger) mitbasteln und werkeln. Der SpecLog ist dabei nicht wirklich kollektiv, weil das gemeinsame Ganze überhaupt nicht geklärt oder konsensual verabredet wurde – es entwickelt sich bestenfalls im SpecLog über die Zeit und Einträge hinweg. Der SpecLog ist auch nicht wirklich hybrid, weil er, obwohl alle Beitragenden anders sind (schreibend, gestaltend, meditierend, sammelnd), dabei nicht zu einer Kreatur verbandelt. Die Differenz der Beitragenden wird zugleich unterminiert und reinstalliert durch die geometrischen Marker (Raute, Dreieck, Kreis, Sechseck, Quadrat usw.), hinter denen sich die individuellen Autorenschaften tarnen, zugleich aber in der Differenz der Marker ihre Unterschiede signalisieren. Der SpecLog ist vielleicht am ehesten als konnektiv zu charakterisieren. Er macht Verbindungen. Er verbindet Fragmente über die Zeit nach und nach sammelnd und einander hier und dort kommentierend. Der technische Hintergrund des SpecLogs ermöglicht und befördert das kommentarspaltige Nachdenken und Nachhaken, welches debattenhafte Prinzipien wie Rede und Gegenrede unterstützt. Als Vorgehensweise des konnektiven Forschens eröffnet der SpecLog eine Unbedarftheit des sammelnden Erwägens und das Versprechen auf nachträgliches Sinnmachen.
+
Publikation vorläufig: Der SpecLog ist nicht privat. Er wirkt der Geheimniskrämerei von Tage- und Fahrtenbüchern entgegen. Ihn verschließt kein goldener Druckknopf. Er versteckt sich unter keinem Kopfkissen. Er ist öffentlich, einsehbar, verhandelbar und macht sich vielleicht manchmal lächerlich durch die Gucklöcher, die er durch sein offenes Dasein im Netz bietet. Gucklöcher, die Einblicke in Denkprozesse und Darstellungsexperimente, Besserwisserei oder entlarvende Lücken im Kenntnisstand der öffentlich Nachdenkenden bieten. Der SpecLog hätte auch SpacePub heißen können, denn er ist eine Art vorläufige Publikation zum SpecSpace. Er läuft dem eigentlichen Publizieren voraus. Er ist die öffentlich gewordene Debattenebene im digitalen Raum, in Korrelation zur mündlichen, performativen, laborierenden Debattenebene im physischen Raum, dem SpecSpace. Im SpecLog wurde schriftlich abgelegt oder verhandelt und dabei schon mal veröffentlicht, was mündlich diskutiert wurde – zum Teil zumindest. Ähnlich fragmentiert, ähnlich episodenhaft, ähnlich zufällig und sammelnd, manchmal ähnlich dahingesagt, ähnlich kommentiert. Die erste und fortlaufende Publikationsform des spekulativen Raums ist also vor dem Buch (Specology) das öffentliche Fahrtentagebuch (SpecLog), und Anteile der speclogischen Denkungsart und Darstellungsweise korrespondieren auch mit dem Buch. Der Unterschied zwischen dem SpecLog und der Specology, dem Fahrtentagebuch und dem gedruckten Buch, ist aber die offensichtliche Vorläufigkeit des SpecLogs. Denn auch wenn das gedruckte Buch multiple Zugänge ermöglicht, Lesarten gegen den Strich bürstet oder in episodenhaften Abschnitten zusammengestellt ist, ist es doch vor dem Öffentlichwerden in seiner Gesamtheit komponiert. Der SpecLog aber weiß nicht, was noch kommt und welchen Gesamteindruck er über die Zeit entfaltet wird. Die Veröffentlichungsform des Blogs ist sein Geplapper. Er hört nicht auf, er hat dementsprechend keine Form oder eben fortlaufend viele Formen. Das entspannt den SpecLog und seinen Wahrheitsanspruch, denn das digitale Fahrtentagebuch ist immer im Entstehen und Weiterverzeichnen. Es lebt mit seinen Beitragenden und deren Forschungsprozessen. Erst vom Tod her wird das Tagebuch zu einem Werk, erst vom Unfall her das Logbuch zu einem Beweismittel.
+
Forschung collagiert: Der SpecLog ist die öffentlich gewordene Debattenebene des SpecSpace und damit des Forschungsprojekts „Speculative Space“. Das Forschungsprojekt hat sich über drei Jahre hinweg in der konnektiven Konstellation von unterschiedlich Forschenden der Erkundung und Erforschung der epistemischen Spekulation mit gestalterischen und begrifflichen Mitteln gewidmet – bis zur Specology. Das Forschungsprojekt hat über die Spekulation und deren Gangarten, Verfahren, Methoden, Praxisformen und das Miteinander spekuliert. Anteile dieses wilden und wildernden Spekulierens zeigen sich in Form und Inhalt im SpecLog. Textliche, auditive, visuelle, video-/foto-/grafische Auseinandersetzungen reflektieren Cyberfeminismus, chaotische Räume, Spekulative Zoologie, Worldbuilding, Character Design, Epistemische Bildwelten, horazische und juvenalische Satire, nicht festgelegte Regeln und Vorschriften, lebendige Materie, die Verrücktheit des Seins, affektive Körper, Wahrnehmungsstile, Animismus und beseelte Dingwelten oder widmen sich den Grenzen der Rigorosität von Wissenschaft, dem Orakel als aktivem Archiv und glossarischem Medium, dem Chaos und der Unvorhersagbarkeit von Prozessen, der Extrapolation als gestalterischem Gedankenspiel und dem Fassungsvermögen des Un/Wirklichen. Diese Akkumulation von mehr oder weniger nachdenklichen Auseinandersetzungen und Verlautbarungen reiht sich im Blog fortlaufend aneinander. In der Gesamtschau der Beiträge verdichten sich aber Texte, Bilder und Kommentare zu einer Collage des Forschens. Weil der Blog eine nicht systematisch geordnete Sammlung ist, entsteht keine Linearität und Narrativität in der chronologischen Abfolge der Beiträge. Stattdessen stoßen Inhalte und Formen „querbeet“ aneinander und könnten zu einer Metastruktur subsummiert werden. Zur Disposition und auf der Bühne steht mit dem SpecLog also die Erprobung einer prozessualen und konnektiven, collageartigen und vorläufigen Forschung und Veröffentlichungspraxis.
+