Die Verzahnung spekulativer Aspekte von Realität und Fiktion – etwa im Kontext von Film oder Kunst – lassen sich immer wieder auch am diesbezüglichen Umgang von Zensur (insbesondere in totalitären Systemen) ablesen. Beispielhaft wäre hier der Begriff der „Entarteten Kunst“ zu nennen (vgl. Barron 1994), unter dem im Nationalsozialismus kulturelle Strömungen, Kunstwerke und Gattungen subsumiert und diffamiert wurden, die mit der NS-Ideologie (etwa in Bezug auf Körper- oder Schönheitsideale, sozio-kulturelle Hierarchien oder Konzepte des Völkischen) nicht in Einklang zu bringen waren (z. B. Dadaismus, Expressionismus, Kubismus, Neue Sachlichkeit, Surrealismus).
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Auch Film-Genres wie der Horrorfilm (vor allem der 1980er Jahre), blicken auf eine lange Zensurgeschichte zurück, wobei die Zensur nicht allein in totalitären Regimen, sondern gerade auch in den westlichen Demokratien praktiziert wurde. Wolfgang M. Schmitt (2021) begründet dies mit der Angst der machthabenden Repräsentant:innen jeweiliger politischer Systeme vor der Fiktion. Diese Angst bedeute in Wahrheit eine Angst vor der Wirklichkeit. Zensuren seien demnach Ausdruck einer Angst, dass durch die Konfrontation mit radikaler Fiktion der Blick auf die Wirklichkeit und damit die Wirklichkeit selbst verändert werden.
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Zensurverfahren erfolgten nicht selten unter dem moralapostolischen Deckmantel eines vermeintlichen Schutzes der Rezipient:innen vor verstörenden Inhalten. Der tatsächliche Antrieb ließe sich hingegen eher in dem Versuch der Zensoren verorten, ihre Ideologie, also ihre diskurshoheitliche, dominierende Interpretation der Wirklichkeit und damit sich selbst zu schützen. Denn Kunst, Film und andere spekulative, fiktionale Narrationen vermögen ihren Rezipient:innen alternative Sichtweisen zu den Vorherrschenden aufzuzeigen.
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Folgt man dieser Argumentation, ließe sich schlussfolgern, dass die subversive Kraft des Spekulativen unter anderem darin besteht, überkommene Moralvorstellungen zu entlarven, die letztlich genau in dem gegen sie gerichteten Versuch der Unterdrückung zum Ausdruck kommen.
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Literatur
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Barron, Stephanie (1994): Entartete Kunst. Das Schicksal der Avantgarde in Nazi- Deutschland. München: Hirmer.
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Schmitt, Wolfgang M. (2021): Die Filmanalyse. Ep. 14. A Nightmare on Elm Street.
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