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Die Bearbeitung der Frage, was ist epistemische Spekulation, erfordert ein gewisses Wildern. Wildern in anderer Leute Bücher und Gedanken, Wildern in anderen Tätigkeitsformen auf der Suche nach deren forschenden Dimensionen, Wildern in Erkenntnisbereichen der Kolleg*innen, um im Umweg über das Nicht-Eigene auf neue Gedanken zu kommen. Das Wildern ist kein Dauerzustand. Es zerstört funktionierende Ökologien. Es ignoriert das feine Gleichgewicht geregelter Bezugnahmen. Es sabotiert Vertrauen. Es ist eine Heteropraxis – ein vorübergehendes Verhalten aus der Not heraus, andernfalls in der Wüste geordneter Denkweisen auszuhungern.
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Das Wildern ist nicht gut. Es macht aber Beute. Etwa eine aus dem Kontext gerissene Beute bei der Lektüre der „Drei Ökologien“ von Felix Guattari, die da lautet: „Zwischen der Erfassung des Objekts und der Erfassung durch das Subjekt entsteht eine Art Unschärfenrelation, welche uns, um beide miteinander zu verbinden, einen pseudo-narrativen Umweg über Referenzmythen, Rituale aller Art und Beschreibungen mit wissenschaftlichem Anspruch nicht ersparen kann, welche alle die Zweckbestimmung haben, ein dispositionelles Inszenieren, ein Wirklichmachen ins Bild zu rücken, das in »zweiter Linie« eine diskursive Verständlichkeit erlaubt.“ In diesem Satz liegt eine erbeutete Erkenntnis: Rituale aller Art und Referenzmythen, welche zwischen Subjekt, Objekt und deren Erfassung eine Art Sinn oder Erkenntnis inszenieren.
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Ich bin mir nicht sicher, wie ich zur "Wildern" Metapher stehe, die ja durchaus auch das Töten assoziiert. Deine Beute aus Guattaris Text z.B. ist ja im Beute-werden nicht ermordet sondern in neuem Kontext wiederbelebt worden. Mir gefällt allerdings die Illegalität, die ebenfalls in der Metapher steckt.
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Bei der epistemischen Spekulation geht es (eben auch) um die Frage nach diesen (Erkenntnis-)Ritualen und vor allem geht es um die Frage, wie spekulative Rituale aussehen, die ein Wirklichmachen der Erkenntnisobjekte ins Bild rücken. Das aber lässt uns mit Erkenntnisritualen ins Spekulieren geraten: Wer verübt (im Geheimen?) welche Rituale und können wir in diesen unausgesprochenen Ritualen der Erkenntnis der Anderen wildern, um dadurch auf neue Gedanken über die Möglichkeiten des Erfassens zu kommen? Wir bringen die Praxis der Erfassungsrituale ins spekulative Rollen und wollen darüber deren Wirklichkeit und epistemische Qualität aneignen, erproben und ins Bild rücken.
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Was bedeutet das? Auf einer Drehbühne sind die Rituale und wir platziert und dann kommt die Sache in Schwung: Wir sind Philosoph*innen und Designer*innen und denken, dass unsere Erkenntnispraktiken im Schreiben, Lesen, Entwerfen oder Bauen liegen. Aber wir denken auch beim Duschen oder Erkennen beim Schlafen und Entdecken Zusammenhänge bei der Traumdeutung oder Reflektieren beim Spazieren und Gärtnern oder kommen beim Legen von Karten auf neue Ideen… Daher spekulieren wir auf die epistemische Spekulation im Drehen an diesen Ritualen. Wir bringen unsere Praktiken in eine gemeinsame Unordnung, indem die Bühne sich dreht und das Spazieren auf jemanden fällt, der Traumdeutung sonst ausübt, oder das Schlafen auf jemanden der Karten sonst legt… Was passiert, wenn ich im Unkraut zupfen einen Erkenntnismodus erreichen soll, den ich nicht gewohnt bin auszuüben, was mache ich sichtbar am geheimen Ritual des Anderen? Welche Beute kann ich für die Frage nach der epistemischen Spekulation machen, wenn ich in den Ritualen der anderen wildere, ohne den Wert und die Ordnung von deren Praktiken oder das feine Gleichgewicht deren geregelter Ausübung zu kennen?
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Ich behaupte einfach mal frech als Gegenthese: Wir können in den Erkenntnissen der anderen wildern, aber nicht in den Ritualen, wenn diese so individuell gemeint sind, wie hier beschrieben. Denn dann sind sie ja eben nicht objektiv und allgemeingültig sondern subjektiv und Biografie-spezifisch.
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