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Verhandlungsdinge

In ihrem Beitrag "Verhandlungsdinge", auf der Tagung "Poiesis und Praxis der Dinge – Über die Grenzen der Gestaltbarkeit von Alltag" (30.09 – 01.10.2021) durchleuchten Frieder Bohaumilitzky und Tom Bieling die Bedingungen im Wechselspiel von Gestaltung und Aneignung. +
Sie zeigen auf, dass sich die Verhandlung von Dingen zwischen räumlichen Settings und sozialen Versammlungen entspinnt und sich einer Dichotomie von materiell oder sozial indessen eher entzieht. Dinge verstehen sie dabei sowohl als zu verhandelnde Sache als auch als Medien und Infrastrukturen in und mit denen verhandelt wird. +
Weil Dinge als gestalterische Verhandlungsmasse zu verstehen sind, sind auch die Nutzer*innen oder Rezipent*innen als aktive Teile dieser Verhandlung zu denken. Design verwirklicht sich demzufolge im Gebrauch. +
Darauf aufbauend legen Bieling und Bohaumilitzky dar, warum die Aneignungen und Auslegungen des Gestalteten durch die Nutzer*innen oder Rezipient*innen als argumentative Artikulationen begriffen werden können. Der Vortrag umfasst auch die Frage danach, welche Artikulationsmöglichkeiten verschiedene Agencies von Dingen uns lassen und markiert mit Interaktion und Delegation zwei Pole innerhalb dieses Möglichkeitsraumes. +
Ausgehend von der Negativfolie der Delegation sprechen sich die beiden in ihrem Plädoyer dafür aus in offenen Infrastrukturen zu denken, deren Prinzip die Aneignung möglich macht und für Widersprüche offen bleibt. +
Verhandlungsdinge, Kapitelstruktur
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Poiesis und Praxis der Dinge – Über die Grenzen der Gestaltbarkeit von Alltag
(Auszug Programmheft)

Unser Alltag ist angehäuft und umgeben von gestalteten Dingen. Der Umgang mit diesen - ihre Nutzung, Abnutzung, Umnutzung - kennzeichnet unser alltägliches Handeln. Wie aber steht der Entwurf und die intentionale Hervorbringung (Poiesis) zur tatsächlichen Nutzung, zum handelnden Umgang (Praxis)? Wie können Fragen des Designs mit Fragen der materiellen und historischen Kulturforschung vereint werden? Was können die einen von den anderen lernen? +
Für unsere Alltage sind maßgeblich Dinge verantwortlich. Wir gebrauchen sie, verbrauchen sie, eignen sie uns an und eignen sie um, wir sprechen ihnen Werte zu und entwerten sie, reihen uns in die Dingwelt ein und sortieren Dinge aus. Alltage verstehen zu wollen, ist also zu einem wesentlichen Teil darauf angewiesen, unseren Umgang mit Dingen zu verstehen. Womöglich könnte man beides sogar gleichsetzen und sagen: Alltage verstehen heißt unseren alltäglichen Umgang mit Dingen zu verstehen. Diese Perspektive scheint zunächst eine beschreibende, Alltage erkennen wollende Haltung zu implizieren. Daneben gilt aber für viele dieser Dinge, dass sie das Ergebnis gezielter und bewusster Gestaltung sind. Es handelt sich im Grunde bei jedem massengefertigten Produkt um ein Designartefakt. Wenn nun Dinge und Alltage so eng miteinander verzahnt sind, dass das eine Verstehen zu wollen, ein Verstehen des Anderen meint, so drängen sich die Fragen auf: Wie sehr ist der Alltag selbst ein (komplexes) Designprodukt? Ist Alltag gestaltbar? Können Designerinnen – in einem weiten Sinne – indem sie Artefakte hervorbringen auch Alltage gestalten? +
Mehr Infos: Poiesis und Praxis der Dinge +
Poiesis und Praxis der Dinge, Tagungsposter.
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